Im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen haben sich Mieten bzw. deren Entwicklung als zentrales Thema im Wahlkampf entwickelt. Wellershoff & Partners sind in ihren Current Perspectives vom August der Behauptung auf den Grund gegangen, dass steigende Gewinne von Immobilienbesitzern wichtiger Grund für die steigenden Angebotsmieten in den letzten Jahren sein sollen. Diese Kritik greift zu kurz, denn tatsächlich sind die laufenden Renditen auf Immobilienanlagen in den letzten Jahren gesunken.
An tiefen Mieten stört sich niemand, solange Wertsteigerungen von Immobilien die tatsächlichen Mieteinnahmen übersteigen. Dreht der Markt, wie wir es jetzt konstatieren, ändert sich die Beurteilung sofort. In den letzten 20 Jahren verminderte sich die sog. Cash-Flow-Rendite (Mietertrag minus Kosten im Verhältnis zum Marktwert) stetig von rund 5.8% auf zuletzt 2.8%. Die Verminderung beträgt damit mehr als 50%.
Der Grund des Absinkens liegt v.a. an den Preisveränderungen der Liegenschaften, welche durch die lang anhaltenden Zinssenkungen und auch an den jahrelangen Negativzinsen. Nettoerträge sind in der Zeitspanne um mehr als 30% gestiegen. Inflationsbereinigt sind dies noch gut 15%, was dem allgemeinen Lohnzuwachs entspricht. Somit ist die Gewinnentwicklung bei den Immobilien nicht übertrieben. Mit anderen Worten ist das Argument, dass steigende Gewinne für den Anstieg der Angebotsmieten verantwortlich sein sollen, nicht überzeugend. Wahrscheinlicher ist der Umstand, dass mit Corona die gut 20% gestiegenen Baukosten sowie ein Missverhältnis von Angebot und Nachfrage für den Angebotsmietanstieg verantwortlich sind.
Für Immobilienbesitzer ist nicht nur die Cash-Flow-Rendite, sondern auch die Wertentwicklung der Immobilie relevant. Letztere war über die letzten Jahrzehnte positiv, was die sinkende Cash-Flow-Rendite kompensiert und gar überschattet hat. Die Gesamtrendite war hingegen attraktiv und Immobilien wurden landläufig als sichere Anlage angeschaut. Ob nun – im drehenden Markt – die substantiell niedrigeren Marktrenditen den Investoren (Immobilienbesitzern) als Entschädigung für das eingegangene Risiko ausreichen wird, erscheint mehr als fraglich. Die Einschätzungsänderung bezüglich Wohnimmobilien dürfte durch die steigenden Zinsen geschürt werden. Einerseits sinken bei steigenden Zinsen die Bewertungen, andererseits werden andere sicher scheinende Anlagen (z.B. Obligationen in guten Bonitäten) wieder attraktiver.
Wie hoch eine Cash-Flow-Rendite, welche tatsächlich für das eingegangene Risiko entschädigt, sein muss, dürfte kontrovers beurteilt werden. Die künftige Zinsentwicklung, aber auch Standortfaktoren und Anlagealternativen müssen abgewägt werden. Die Studie rechnet vor, dass bei einem Wiederanstieg der durchschnittlichen Cash-Flow-Rendite auf das Niveau der letzten 20 Jahre, sich die Mieten bei konstanten Immobilienpreisen rund 50% verteuern müssten. Bei unveränderten Netto-Erträgen könnten auch die Immobilienpreise um über 30% sinken.
In der Schweiz werden Mieten an den Referenzzins gekoppelt, womit die tatsächliche Entwicklung irgendwo zwischen den Extremwerten liegen wird. Vieles spricht für steigende Mieten und tendenziell sinkende Immobilienpreise, womit gemäss den Studienautoren ein nicht unerheblicher Wohlstandsverlust droht.